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Was man können darf, und was nicht!

In unserer Gesellschaft ist es weit verbreitet, dass einer der nicht an einer UNI war, oder einer der keine „anerkannte“ Lehre gemacht hat, nichts einfach so aus sich heraus können darf. Zumindest kann er dann nicht – so die Unterstellung darin - wirklich gut sein, und auf jeden Fall ist dieser Mensch in seinem Können nicht offiziell anerkannt.

In unserer Gesellschaft ist es weit verbreitet, dass einer der nicht an einer UNI war, oder einer der keine „anerkannte“ Lehre gemacht hat, nichts einfach so aus sich heraus können darf. Zumindest kann er dann nicht – so die Unterstellung darin – wirklich gut sein, und auf jeden Fall ist dieser Mensch in seinem Können nicht offiziell anerkannt. Und oft heißt es ja auch bei den Dingen die ein Mensch von sich aus einfach gut kann, dass man damit keinen Lebensunterhalt verdienen kann, oder dass das nix Gscheit´s ist. Also machen viele eben das was sie „gelernt“ haben, anstatt das, was sie wirklich gut können.

Mir ist in meiner Klientenarbeit aufgefallen, dass weit mehr Menschen beruflich einen langen, aber vor allem fremdbestimmten und obendrein fehlgeleiteten Weg gehen, und dabei total unglücklich sind. Das geht soweit, dass man krank wird, oder depressiv, aber jedenfalls nicht erfüllt ist von Freude über das was man tagtäglich macht. 

Christian sitzt als Diplom-Ingenieur und Führungskraft seit Jahren in einem großen Konzern und ist sturzunglücklich. Das hat er GELERNT. Aber eigentlich ist er Tischler – zumindest tief drinnen, denn das ist es, was er wirklich GUT KANN. Etwas das jeder der die Einrichtung seiner Wohnung gesehen hat bestätigen würde.

Melinda schneidet seit Jahrzehnten fremden Menschen die Haare. Das hat sie offiziell bestätigt GELERNT. Aber eigentlich ist sie tief in ihrer Seele eine erstklassige Gärtnerin und Landschafts-Architektin. Was jeder, der bei ihr Zuhause war und in ihrem Garten stand, sehen kann. Denn das ist es, was sie einfach so wirklich GUT KANN. Ohne es je „gelernt“ zu haben!

Und oftmals leben Menschen ihre innewohnenden Potenziale, die sie einfach so mitgebracht haben in dieses Leben, und die sie vielleicht von einem früheren Leben noch in sich tragen, gar nicht aus. Denn laut unserer gesellschaftlichen Herangehensweise müssten sie in einer Ausbildung lernen, was sie bereits können. Viel Zeit, viel Geld und viel Stress wären damit verbunden. So lassen es manche gleich ganz, und fristen ihr Leben eben in einer Tätigkeit, mit der sich „offiziell anerkannt“ das Geld zum Leben verdienen lässt. Schließlich müssen wir alle Rechnungen bezahlen.

Erst wenn ein Institut oder ein Mensch von einem solchen, offiziell bestätigt, dass du kannst was du bist, darf man sich auch so nennen und fühlen. Dabei spielt es keine Rolle wie talentiert einer in Ausbildung oder Studium war, denn bestanden ist bestanden.

Auch wenn man in dieser „anerkannten Ausbildung“ vielleicht nur die Formerfordernisse gerademal so erfüllt hat, aber gar nicht wirklich gut oder talentiert darin ist, ist und darf man das Gleiche, wie jemand der überaus versiert darin hervorstach. Hauptsache jemand hat bestätigt, dass ein anderer etwas können darf. Schwarz auf Weiss wollen wir es haben, auf einem Stück Papier stehend. Erst dann glauben wir, was wir sehen oder auch nicht sehen. Ich kann Steuerberater gelernt haben, aber bin ich deshalb auch einer?!

Ich kann Arzt studiert haben, aber bin ich deshalb dazu berufen und wirklich geeignet?!

Wir brauchen für alles einen Schein in der Hand. Und das obwohl dieser „Schein“ oftmals trügt. Für mich ist ein Installateur kein Installateur, wenn er jemandem eine neue Heizung „verkauft“, obwohl die alte Heizung nur eine kurze Wartung benötigt hätte. Dann ist er in meinen Augen ein Betrüger. Mag sein ein professioneller Betrüger, aber eben ein Betrüger – dafür mit Zertifikat eines Installateurs. Das hilft einem armen alten Ehepaar oder einer alleinerziehenden Mutter die nichts von Heizungstechnik versteht, aber leider gar nichts.

Oder der UNI-Absolvent, der sein Wirtschaftsstudium mit allen Vorzügen abgeschlossen hat, aber leider als Führungskraft in Sachen Sozialkompetenz und Führungsstil so überhaupt keine Leuchte ist. Mag er auf seinem Abschluss auch stehen haben, dass er ein Kapazunder der Wirtschaft ist, aber wenn er mit selbigem Zeugnis ein Unternehmen nach dem anderen in den Konkurs führt, weil er von dem Umgang mit Menschen nichts versteht, nehme ich lieber jeden führungsfähigen Menschen mit Hausverstand von der Straße, der nie eine Uni von innen gesehen hat.

Die Frage die sich hier auftut lautet: Darf man in unserer Gesellschaft etwas einfach so können? Und können wir es dann auch achten und gleichwertig honorieren, oder muss einfach immer irgendein Schein her, der nur vermeintlich bestätigen kann, ob einer gut ist in dem was er tut!?

Die gut gemeinte Idee hinter all dieser Scheine-Sammler-Welt, damit Qualitätssicherung herzustellen, in allen Ehren. Aber ich denke, wir müssen uns zwischenzeitlich auch mal ansehen, was aus unseren ursprünglich „guten“ Absichten geworden ist!

Und ob es mit diesem System wirklich soviel leichter fällt, dass man als Kunde Profis von Scharlatanen leichter unterscheiden kann.

Längst ist daraus eine machtvolle Willkür von Institutionen geworden. Ein Ausnutzen von Machtpositionen, eine Abzocke von Bildungswilligen, und damit ein Einschränken oder sogar Verhindern von vielem was kreativ, gewagt und neu ist. Dadurch haben wir jetzt „professionelle Scharlatane“, aber die dafür mit Schein!

Wahrhaftige Entwicklung kann aber nachweislich nur daraus entstehen, dass man es wagt, die bestehenden Annahmen und Grenzen zu verlassen. Dass man über das was „erlaubt“ oder „anerkannt“ ist, weit hinaus geht. Dass man gewagte Theorien mutig verfolgt, und ja – einfach mal gegen den authoritären und gesellschaftlich verkopften Wind pisst!

Ich finde es auch gut, wenn der Mensch der meinen Kleiderschrank baut, fachlich versiert ist, und gelernt hat, wie man einen Kasten zusammenbaut, ohne dass er tagsdrauf wieder auseinander fällt. Aber mir wäre offengestanden auch egal, wenn er keinen Meisterbrief in seinen Händen hält, und dafür aber ein begnadeter Holz-Fetischist ist, der das Material liebt, und seine Fertigkeiten meinetwegen auch von seinem Großvater erworben hat. Wenn der Schrank schön und hochwertig ist, warum nicht!?

Einer der etwas hervorragend kann, aber keinen „Deckel“ dafür hat, den nennt man „Pfuscher“. Was aber, wenn der Pfuscher mehr Ahnung und Fähigkeit besitzt, als der sogenannte Fachmann? Und der Fachmann zwar ein nettes Zeugnis vorweisen kann, aber in seinem Job alles mögliche verpfuscht?!

Wie oft musste ein verkanntes Genie an seinen sogenannten „Lehrern“ vorbei, um schließlich mehr Erfolg zu haben, als diese selbst je hatten. Andrea Bocellli ist heute ein weltberühmter Star und füllt ganze Hallen mit abertausenden von Menschen. Unzählige verkaufte Tonträger sprechen für sich. Mehr als einer seiner Lehrer atestierte ihm Durchschnittlichkeit und Mittelmäßigkeit, und manche prophezeiten ihm sogar, dass aus ihm nichts Großes werden könne. – Heute wissen wir es inzwischen besser. Und das, weil ein Mann an ihn geglaubt hat, und etwas anderes in ihm gesehen hatte, als alle anmaßenden Wichtig-Tuer zuvor. Es war das Licht in ihm, welches erkannt werden musste, damit er seinen Weg gehen und finden konnte.

Wolfgang Amadeus Mozart, ein Wunderkind wie die ganze Welt weiß. Aus ihm hat man nur herausgeholt, was bereits da war! Kein kleines Kind spielt und komponiert so wie er, wenn da nicht bereits ein innewohnendes Genie vorhanden ist. Wahre Genie´s werden nicht gemacht oder ausgebildet, sondern entdeckt.

Die Musikgruppe „Queen“ wurde mit dem Song „Bohemien Rapsody“ zuerst abgelehnt, mit der Begründung, dass sie zulang und zu kompliziert für die Hörerschaft wäre. Heute ist genau dieser Song, einer der Vorzeige-Werke dieser Band, und wurde und wird auf allen Sendern dieser Welt rauf und runter gespielt.

In der Geschichte wimmelt es vor berühmten Menschen und Größen, die einen unfassbaren Mut und eine immense Beharrlichkeit aufbringen mussten, damit sie mit dem was sie einfach so konnten, zur bornierten oder ignoranten Masse durchdringen konnten.

Wie viele Maler wurden zu Lebzeiten abgetan, runtergekanzelt, oder als mittelmäßig betitelt, und posthum sind sie plötzlich die gefeierten Stars. Ihre Bilder waren aber immer schon das was sie waren! Und eben diese „Stars“ sind es, vor denen heute die gepeinigte Schülerschaft in Kunsthochschulen vor Ehrfurcht erblassen muß, um vielleicht irgendwann auch mal dorthin zu gelangen. Nur welchen Wert hat es, wenn ein Kunststudent dorthin gelangt, wo ein anderer bereits ist!? Was wenn ein Hobbymaler sich von all dem was man wissen kann, aber nicht wissen muss, um ein tolles Bild zu malen, gar nicht erst beeindrucken hat lassen, und einfach so ein Kunstwerk in die Welt bringt!? – Weil er es kann. Ist ein solches Bild weniger Kunst oder weniger Wert, weil der Pinselschwinger nicht Kunst „studiert“ hat, oder schon tot ist?! Und wer bestimmt was Kunst ist?

Modigliani endete als gescheiterte Persönlichkeit, weil er von seiner Kunst nicht leben konnte. Doch weil er durch und durch Künstler war, verbrachte er sein kärgliches Leben mit Malen. Heute feiern wir seine Werke als unschätzbar.

Man kommt einfach nicht umhin, die Heuchlerei in dem ganzen Getue zu bemerken. Und sie findet in unser aller Alltag nach wie vor statt. Neid, Missgunst und Anmaßung, sowie die Angst erstarrte Strukturen aufzuweichen und Macht abzugeben, sind an unser aller Tagesordnung.

Ein guter Bekannter von mir macht außergewöhnlich tolle Fotos, hat aber nie Fotografie gelernt. Er ist „gelernter“ Tapezierer. Er gewinnt seit Jahrzehnten jeden einzelnen Fotowettbewerb, und ist grundsätzlich unter den ersten drei Plätzen zu finden. Niemand hat ihm je schriftlich bestätigt, dass er ein Fotograf wäre. Aber die Hochzeitsfotos die er machte, und die Hochzeitsfotos die der „Profi-Fotograf“ bei der Trauung meiner Cousine gemacht hat, ließen keinen Zweifel daran, wer hier wirklich die Bezeichnung „Fotograf“ verdient hätte. Das fette Honorar hat der ausgewiesene Profi-Fotograf bekommen. Die tollen Fotos hat ein anderer geliefert!

Haben wir möglicherweise zu großen Respekt vor Menschen die meinen festlegen und bestimmen zu dürfen, was geht und was nicht gehen darf? Sollten wir unsere eigene Obrigkeits-Hörigkeit nicht mal genauer hinterfragen!?

Schon uns selbst zuliebe! – Und sollten wir uns nicht an unsere ursprünglich mitgebrachten Talente erinnern, und sehen was aus ihnen geworden ist?!

Ein Mensch der einfach so hervorragend singt, ist dennoch kein Sänger, wenn ihm der Schein fehlt.

Ein Mensch der einfach hergeht und Bilder malt, der ist noch lange kein Maler, wenn er kein Zeugnis einer Kunstschule vorzuweisen hat.

Ein Mensch der einfach so ein geniales Händchen für Möbelbau hat, ist deshalb noch lang kein Tischler, weil er über keinen Meisterbrief verfügt.

Ein Mensch der von Natur aus eine riesige Begabung hat, Menschen zu führen und andere zu motivieren, kann nicht einfach so Chef in einem Unternehmen werden, wenn der Uni-Abschluss dazu fehlt.

Ein Mensch der excellent kocht, ist in unserem Land noch lange kein Koch!

Und ich sage: DOCH.

Was bedeutet das alles für die Entwicklung unserer Kinder?

Was bedeuet das für Dich und mich in unserem Geworden-sein?!

Was bedeutet das für Dich in Deinem alltäglichen Tun?

Da sitzt der fünfjährige Bub im Garten seiner Oma, und kennt jede Pflanze in dem Garten mit Namen, weiß genau was jede von ihnen an Pflege benötigt, und topft Blumen um, wie ein Dreißigjähriger. Sehen wir in diesem Kind den Gärtner, oder wollen wir für ihn eine andere „Karriere“?

Da malt eine über Siebzigjährige Frau Menschen in Bewegung in Öl, und erschafft unglaubliche Bilder in ihrer Pension, nachdem sie über dreißig Jahre lang Schuhe verkauft hat. Anerkennen wir ihr Talent als das was es ist, auch wenn es erst zu so später Stunde Ausdruck gefunden hat?

Da tanzt eine Dreijährige jede Minute ihrer Freizeit und dreht Pirouetten wie eine erwachsene Prima-Ballerina. Sie tut das auch noch mit Fünfzehn, und obwohl sie noch nie eine Tanzausbildung gemacht hat, tanzt sie begnadet und ist dem Himmel nah, wenn sie sich auf diese Weise zur Musik bewegt. Sehen wir in ihr die Tänzerin die sie in sich mitgebracht hat, und die zum Ausdruck gebracht werden will in diesem Leben?

Da zaubert die dreiundvierzigjährige Sekretärin ein Fünf-Gänge-Menü auf den Tisch, dass jedes Haubenlokal neidisch werden könnte. Erkennen und würdigen wir die Chef-Köchin in ihr?

Wir nehmen uns mit einer derart starren und arroganten Haltung soviel Schönes und Grandioses weg. Wir begraben unser erfülltes Leben, bevor es überhaupt begonnen hat. Wir zerstören Träume, bevor sie Realität werden konnten. Wir rauben den Feenstaub aus unser aller Wirkkraft, und wir ertrinken in Missgunst, Anmaßung, Neid und Eifersucht.

Und wir verlangsamen dadurch das Aufblühen unserer Gesellschaft.

Sollten wir auf Menschen, die sich einfach trauen zu leben was in ihnen steckt, und die womöglich auch noch ihr Potenzial einem Publikum ausliefern, nicht mit mehr Achtung und Respekt begegnen?!

Sollten wir nicht mehr Demut vor der Hingabe und Leistung kreativer Menschen haben?!

Sollten wir nicht selber mehr Mut aufbringen, um zu entdecken und zu leben was wirklich in uns steckt?!

Anstatt uns Urteile und Abwertungen in affektierter Schandmaul-Manier zu erlauben, obwohl wir selber nur nicht den Schneid oder Fleiß aufbringen wollen, uns mit dem wahren Potenzial sichtbar, und vielleicht sogar angreifbar zu machen…!

Welche verborgenen oder ungelebten Potenziale schlummern in Dir?

Und auf welcher Seite in so einer Diskussion stehst Du?

Ist die Welt für Dich noch eine Scheibe? – Oder darf sie schon kugeliger Teil eines Multiversums sein…?

Wertvolle Erkenntnisse zu Deiner Selbstverwirklichung wünscht Dir
Deine Claudia Lang